Wenn jemand verstirbt, so hinterlässt er neben trauernden Angehörigen, Freunden und Bekannten auch immer einen Erben. Wer dieses Erbe tatsächlich erhält, ist häufig zunächst unklar. Mit Hilfe des Erbscheins kann dann zum Zeitpunkt des Erbfalls festgestellt werden, wer Erbe ist und welchen Verfügungsbeschränkungen er gegebenenfalls unterliegt. Wie Sie an den Erbschein gelangen und was Sie alles beachten sollten, erfahren Sie in unserem Artikel.

Wozu ist der Erbschein?

Der Erbschein ist eine Urkunde gem. § 417 ZPO. Mit ihrer Hilfe können sich die Erben absolut zweifelsfrei vor Behörden, Banken und anderen Institutionen als Rechtsnachfolger des Verstorbenen legitimieren. Insofern sind Sie etwa berechtigt Konten (Sparbücher, Girokonten etc) aufzulösen, mit Versicherungen zu verhandeln oder aber auch sämtliche Verträge des Verstorbenen, etwa den Mietvertrag oder den Handyvertrag zu kündigen. Kurzum, sie können all dies tun, was der Verstorbene auch hätte tun können, wenn er noch leben würde.

Um etwa einen Handyvertrag zu kündigen müssen Sie dann nur Ihre Kündigungsschreiben mit einer Kopie des Erbscheins an den Vertragspartner schicken. Dieser kann die Kündigung nicht deshalb ablehnen, weil er sie für unzuständig erachtet. Achten Sie wie immer darauf, dass Sie den Zugang der Kündigung beim Vertragspartner im Streitfall nachweisen können.

Merke: Ein Erbschein kann in Form eines Alleinerbscheins oder aber auch als gemeinschaftlicher Erbschein ausgestellt werden.

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Wer kann einen Erbschein bekommen?

Nur wer das Erbe überhaupt angenommen hat, kann einen Erbschein bekommen. Jemand der sein Erbe ausschlägt, hat demnach kein Anrecht auf Ausstellung eines Erbscheins. Im Einzelnen können die folgenden Personen einen Erbschein erhalten:

  1. alle Erben, auch die Nacherben im Nacherbfall
  2. Nachlassverwalter, Nachlassinsolvenzverwalter und Testamentsvollstrecker
  3. Gläubiger, sofern diese einen Erbschein benötigen um gegen den Erben zwangszuvollstrecken, §§ 792, 896 ZPO.

Wie bekomme ich einen Erbschein?

Einen Erbschein bekommen Sie nur auf Grund eines Antrages beim zuständigen Nachlassgericht. Dies hat dem Erben auf Antrag ein Zeugnis über sein Erbrecht und, wenn er nur zu einem Teil der Erbschaft berufen ist, über die Größe des Erbteils zu erteilen § 2353 BGB. Es ermittelt dann vom Amts wegen die Erben und erteilt bei dessen Feststellung einen entsprechenden Erbschein. Die Erben können den Antrag gegenüber dem zuständigen Gericht schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle abgeben, § 25 FamFG.

Vorsicht: Mit der Antragsstellung für einen Erbschein nehmen Sie das Erbe und damit auch etwaige Schulden an. Eine Erbausschlagung ist dann nicht mehr möglich. Prüfen Sie also das Erbe sorgfältig, bevor Sie einen Erscheinsantrag stellen.

Sofern eine Testamentsvollstreckung angeordnet oder eine Nacherbschaft im Falle des Nacherbfalls benannt wird, so wird dies durch das Nachlassgericht ebenfalls im Erbschein vermerkt. Pflichtteilsansprüche, Vermächtnisse oder auch Auflagen werden nicht im Erbschein eingetragen.

Zuständig ist das Amtsgericht, am letzten Wohnsitz des Betroffenen, § 343 FamFG. Wohnte der Verstorbene zuletzt im Ausland, so ist das Amtsgericht Schöneberg zuständig. Bitte beachten Sie, dass die Erbausschlagung aber am Wohnsitz des Ausschlagenden erfolgen kann.

Im Antrag auf einen Erbschein hat der Erbe gem. §§ 352 ff. FamFG die folgenden Angben zu machen, zu erklären und gegebenenfalls auch nachzuweisen.

Erbschein als gesetzlicher Erbe

Wer die Erteilung eines Erbscheins als gesetzlicher Erbe beantragt, hat anzugeben

  1. den Zeitpunkt des Todes des Erblassers,
  2. den letzten gewöhnlichen Aufenthalt und die Staatsangehörigkeit des Erblassers,
  3. das Verhältnis, auf dem sein Erbrecht beruht, (z.B. Kinder)
  4. ob und welche Personen vorhanden sind oder vorhanden waren, durch die er von der Erbfolge ausgeschlossen oder sein Erbteil gemindert werden würde,
  5. ob und welche Verfügungen des Erblassers von Todes wegen vorhanden sind (Testamente)
  6. ob ein Rechtsstreit über sein Erbrecht anhängig ist,
  7. dass er die Erbschaft angenommen hat,
  8. die Größe seines Erbteils.

Erbschein bei einer Verfügung von Todes wegen (Testament)

Wer die Erteilung des Erbscheins auf Grund einer Verfügung von Todes wegen beantragt, hat

  1. die Verfügung zu bezeichnen, auf der sein Erbrecht beruht,
  2. anzugeben, ob und welche sonstigen Verfügungen des Erblassers von Todes wegen vorhanden sind, und
  3. den Zeitpunkt des Todes des Erblassers,
  4. den letzten gewöhnlichen Aufenthalt und die Staatsangehörigkeit des Erblassers,
  5. ob ein Rechtsstreit über sein Erbrecht anhängig ist,
  6. dass er die Erbschaft angenommen hat,
  7. die Größe seines Erbteils

Richtigkeit der Angaben

Der Antragsteller hat die Richtigkeit der Angaben nachzuweisen, etwa durch öffentliche Urkunden. Sind die Urkunden nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu beschaffen, so genügt die Angabe anderer Beweismittel. Zum Nachweis, dass der Erblasser zur Zeit seines Todes im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat, und zum Nachweis der übrigen erforderlichen Angaben hat der Antragsteller vor Gericht oder vor einem Notar an Eides statt zu versichern, dass ihm nichts bekannt sei, was der Richtigkeit seiner Angaben entgegensteht. Das Nachlassgericht kann dem Antragsteller die Versicherung erlassen, wenn es sie für nicht erforderlich hält, § 352 Abs. 3 FamFG.

Was steht im Erbschein?

Dem Erbschein können Sie zunächst einmal entnehmen, wer Erbe ist und sofern eine Erbengemeinschaft besteht, auch den Anteil der Miterben am Nachlass (Erbquote).

Erbschein als Erbengemeinschaft, § 352a FamFG

Sind mehrere Erben vorhanden, so ist auf Antrag ein gemeinschaftlicher Erbschein zu erteilen. Der Antrag kann von jedem der Erben gestellt werden. In dem Antrag sind die Erben und ihre Erbteile anzugeben. Die Angabe der Erbteile ist nicht erforderlich, wenn alle Antragsteller in dem Antrag auf die Aufnahme der Erbteile in den Erbschein verzichten.
Wird der Antrag nicht von allen Erben gestellt, so hat er die Angabe zu enthalten, dass die übrigen Erben die Erbschaft angenommen haben. § 352 Absatz 3 gilt auch für die sich auf die übrigen Erben beziehenden Angaben des Antragstellers. Die Versicherung an Eides statt gemäß § 352 Absatz 3 Satz 3 ist von allen Erben abzugeben, sofern nicht das Nachlassgericht die Versicherung eines oder mehrerer Erben für ausreichend hält.

Brauche ich einen Erbschein?

Die Frage ob man zwingend einen Erbschein benötigt, um das Erbrecht nachzuweisen, lässt sich nicht pauschal beantworten. Der Nachweis kann grundsätzlich auch auf anderen Wegen erbracht werden. Hierzu der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom

” In den Vorschriften des BGB existiere keine Vorschrift, wonach ein Schuldner von dem Erben als Legitimation die Vorlage eines Erbscheins verlangen und bis dahin die dem Erben geschuldete Leistung verweigern könne. …ist der Erbe nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern hat auch die Möglichkeit, diesen Nachweis in anderer Form zu erbringen (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2004 –V ZR 120/04, BGH-Report 2005, 558, 559 = FamRZ 2005, 515, 516). Es existiert keine Regelung, die den Nachlaßschuldner berechtigt, seine Leistung auch ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung grundsätzlich von der Vorlage eines Erbscheins abhängig zu machen.”(1)

In aller Regel genügt ein notarielles Testament in Verbindung mit dem Eröffnungsbeschluss zum Nachweis der Erbberechtigung. Nur im absoluten Zweifelsfall können Dritte auf die Vorlage eines Erbscheines bestehen.

Die Nachweisführung kann sogar mittels einer beglaubigten Abschrift eines handschriftlichen Testaments mit Eröffnungsvermerk erfolgen. (2)

Eine entsprechende Klausel in AGB, welche auf ein pauschales Bestehen auf einen Erbschein abzielt ist unwirksam. (3)

Merke: Ein Erbschein ist nicht erforderlich, wenn eine wirksame Vorsorgevollmacht des Verstorbenen vorliegt, welche über den Tod des Erblassers hinaus geht oder erst mit dessen Tod wirksam wird. Wurde im Kontovertrag ein Begünstigter auf den Tod benannt, so ist ebenso kein Erbschein notwendig. Auch bei einer Kontovollmacht über den Tod hinaus ist kein Erbschein erforderlich.

Nur in bestimmten vom Gesetz oder durch Vertrag festgelegten Fällen ist die Nachweisführung mittels Erbschein zwingend erforderlich.

Sonderfall Vererbung von Grundstücken

Ein solcher zwingender Fall liegt etwa bei der Vererbung von Grundstücken vor. Gemäß § 35 Abs.1 S.1 GBO kann der Nachweis der gesetzlichen Erbfolge nur durch einen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis geführt werden.

Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist (beglaubigtes Testament oder Erbvertrag), so genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins oder des Europäischen Nachlasszeugnisses die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden. Erachtet das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen, so kann es die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses verlangen.

Welche Unterlagen benötigen ich für einen Erbschein?

  • Sterbeurkunde des Verstorbenen
  • Personalausweis oder Reisepasse des Antragstellers
  • Testament oder Erbvertrag im Original, sofern vorhanden
  • Heiratsurkunde im Falle einer Ehe
  • Geburtsurkunden aller Erben und vorverstorbenen Erben
  • Anschriften aller Erben

Was tun, wenn der Erbschein falsch ist?

Sollte der Erbschein fehlerhaft sein, etwa wenn nach Erbscheinserteilung ein Testament auftaucht, welches die Erbfolge ändert, so hat das Nachlassgericht den Erbschein  einzuziehen. Mit der Einziehung wird der Erbschein kraftlos, § 2361 BGB.

Erwirbt jemand von demjenigen, welcher in einem Erbschein als Erbe bezeichnet ist, durch Rechtsgeschäft einen Erbschaftsgegenstand, ein Recht an einem solchen Gegenstand oder die Befreiung von einem zur Erbschaft gehörenden Recht, so gilt zu seinen Gunsten der Inhalt des Erbscheins, soweit die Vermutung des § 2365 reicht, als richtig, es sei denn, dass er die Unrichtigkeit kennt oder weiß, dass das Nachlassgericht die Rückgabe des Erbscheins wegen Unrichtigkeit verlangt hat.

Dies hat zur Folge das derjenige, welcher gutgläubig auf die Richtigkeit des falschen Erbscheins vertraut hat, nicht im Nachhinein bestraft wird, d.h. die gutgläubig getätigten Rechtsgeschäfte behalten Ihre Gültigkeit.

Was kostet eine Erbschein?

Die Gebühren für einen Erbschein bemessen sich nach Anlage 2 (zu § 34 Absatz 3) Gerichts- und Notarkostengesetz – GNotKG. Die Kosten setzten sich aus den Gebühren für die Verfahrenskosten (Nr. 12210 KV GNotKG) und für die eidesstattliche Versicherung (Nr. 23300 GNotKG) zusammen. In aller Regel wird das 2,0 fache des Wertes der Tabelle B als Erbscheinsgebühr angesetzt. Beipiele:

Erbschaft 10.000 Euro – Gebühren für den Erbschein 2,0 x 75,00 Euro = 150,00 Euro

Erbschaft 200.000 Euro – Gebühren für den Erbschein 2,0 x 435,00 Euro = 870 Euro

Sofern Immobilien zum Nachlasswert gehören, so sind diese zum Verkehrswert anzusetzen, § 46 GNotKG. Sofern dieser nicht vorliegt, können sie sich am Bodenrichtwert der Stadt oder Gemeinde orientieren. Beim jeweiligen Gutachterausschuss können Sie sich gegen eine geringe Gebühr erkundigen.

Die Kosten für den Erbschein trägt immer der Antragssteller.

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Wie lange dauert es, bis ich den Erbschein bekomme?

Wie lange es nach der Antragsstellung dauert, bis Sie den Erbschein in den Händen halten, kann nicht pauschal gesagt werden. Dies kann nur ein paar Tage aber in einigen Fällen auch einige Monate dauern. Die dafür maßgebenden Faktoren sind vielfältig und hängen unter anderem davon ab, wie ausgelastet das zuständige Nachlassgericht ist, wo und zu welcher Zeit der Erblasser verstirbt und wie schnell das Gericht alle erforderlichen Informationen erhält. Sie als Erbe können die Bearbeitungszeit nur dadurch beeinflussen, indem Sie alle notwendigen Informationen und vorhandene Unterlagen so schnell wie möglich beibringen.

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Fazit

Nicht jeder benötigt unbedingt einen Erbschein aber er vereinfacht die Tätigkeit als Erbe in vielen Fällen. Können Sie Ihr Ihren Status als Erbe auch ohne einen Erbschein nachweisen, so können Sie auf Grund der Kosten unter Umständen auch darauf verzichten.

(1.) BGH, Urteil vom 07. Juni 2005, Az. XI ZR 311/04 
(2.) BGH, Urteil vom 05. April 2016, Az. XI ZR 440/15
(3.) BGH, Urteil vom 08. Oktober 2013, Az. XI ZR 401/12

Letzte Überarbeitung am 10.11.2017


Verwendete Vorschriften: § 417 ZPO; §§ 792, 896 ZPO; § 2353 BGB; § 343 FamFG; §§ 352 ff. FamFG, § 35 GBO, Anlage 2 (zu § 34 Absatz 3) Gerichts- und Notarkostengesetz – GNotKG