Wer häufig oder regelmäßig mit der Bahn fährt kann wahrscheinlich ein Lied davon singen – Zugverspätungen. Sie sind lästig und führen bei den meisten Bahnfahrern sicherlich zu großem Unmut. Doch müssen Sie sich das alles gefallen lassen? Welche Rechte Sie in solchen Fällen gegenüber der Bahn haben und wie Sie diese durchsetzten können, möchten wir Ihnen im Folgenden erläutern.

Maßgebliche Rechtsgrundlage ist die EU-Verordnung 1371/2007 vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr. Sie gilt in der gesamten EU für alle Eisenbahnfahrten- und Dienstleistungen die von genehmigten Eisenbahnunternehmen erbracht werden, Artikel 2 EU-Verordnung 1371/2007.

Wichtige Begriffe

Verspätung: Verspätung im Sinne der Verordnung ist die Zeitdifferenz zwischen der planmäßigen Ankunftszeit des Fahrgasts gemäß dem veröffentlichten Fahrplan und dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen oder erwarteten Ankunft. Artikel 3, Nr. 12 EU-Verordnung 1371/2007.

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Zeitfahrkarte: Eine Zeitfahrkarte ist eine für eine unbegrenzte Anzahl von Fahrten gültige Fahrkarte, die es dem berechtigten Inhaber erlaubt, auf einer bestimmten Strecke oder in einem bestimmten Netz während eines festgelegten Zeitraums mit der Eisenbahn zu reisen. Artikel 3, Nr. 13 EU-Verordnung 1371/2007.

In welchen Fällen haftet das Bahnunternehmen?

Das Bahnunternehmen haftet grundsätzlich für Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle, Artikel 15 EU-Verordnung 1371/2007. Das Beförderungsunternehmen haftet dem Reisenden für den Schaden, der dadurch entsteht, dass die Reise wegen Ausfall, Verspätung oder Versäumnis des Anschlusses nicht am selben Tag fortgesetzt werden kann oder dass unter den gegebenen Umständen eine Fortsetzung am selben Tag nicht zumutbar ist. Der Schadensersatz umfasst die dem Reisenden im Zusammenhang mit der Übernachtung und mit der Benachrichtigung der ihn erwartenden Personen entstandenen angemessenen Kosten.

Beachte: Das Bahnunternehmen wird auch nicht bei schlechtem Wetter, Streik oder anderweitigen Umständen von seiner Haftung befreit.

Der Beförderer ist von dieser Haftung nur befreit, wenn der Ausfall, die Verspätung oder das Anschlussversäumnis auf eine der folgenden Ursachen zurückzuführen ist:

  • außerhalb des Eisenbahnbetriebes liegende Umstände, die der Beförderer trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte,
  • Verschulden des Reisenden oder
  • Verhalten eines Dritten, das der Beförderer trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und dessen Folgen er nicht abwenden konnte; ein anderes Unternehmen, das dieselbe Eisenbahninfrastruktur benutzt, gilt nicht als Dritter;

Pflicht zur Information bei Verspätungen

Bei einer Verspätung bei der Abfahrt oder der Ankunft sind die Fahrgäste durch das Eisenbahnunternehmen oder den Bahnhofsbetreiber über die Situation und die geschätzte Abfahrts- und Ankunftszeit zu unterrichten, sobald diese Informationen zur Verfügung stehen. Artikel 18, Abs. 1 EU-Verordnung 1371/2007.

Fahrpreisentschädigung

Bitte beachten, dass Sie auch im Falle einer Fahrpreisentschädigung nicht Ihr Recht auf die erkaufte Beförderung verlieren, Artikel 17, Nr. 13 EU-Verordnung 1371/2007. Das Recht auf Entschädigung tritt quasi neben das Recht auf Beförderung. Nur mit der Fahrpreiserstattung erlöscht das Recht auf Beförderung. Die Mindestentschädigung bei Verspätungen beträgt demnach:

  • 25 % des Preises der Fahrkarte bei einer Verspätung von 60 bis 119 Minuten;
  • 50 % des Preises der Fahrkarte ab einer Verspätung von 120 Minuten.

Fahrgäste, die eine Zeitfahrkarte, z.B. Monatskarte besitzen und denen während der
Gültigkeitsdauer ihrer Zeitfahrkarte wiederholt Verspätungen oder Zugausfälle widerfahren, können angemessene Entschädigung gemäß den Entschädigungsbedingungen des Eisenbahnunternehmens verlangen. Notieren Sie hierbei die Verspätungen genau. Wenn möglich lassen Sie sich die Verspätung vom Zugbegleiter bestätigen.

Wurde der Beförderungsvertrag für eine Hin- und Rückfahrt abgeschlossen, so wird die Entschädigung für eine entweder auf der Hin- oder auf der Rückfahrt aufgetretene Verspätung auf der Grundlage des halben entrichteten Fahrpreises berechnet.

Wann und wie erfolgt die Fahrpreisentschädigung?

Die Zahlung der Entschädigung erfolgt innerhalb von einem Monat nach Einreichung des Antrags auf Entschädigung. Die Entschädigung kann in Form von Gutscheinen und/oder anderen Leistungen erfolgen. Die Entschädigung erfolgt auf Wunsch des Fahrgasts in Form eines Geldbetrags.

Der Entschädigungsbetrag darf nicht um Kosten der Finanztransaktion wie Gebühren, Telefonkosten oder Porti gekürzt werden. Die Eisenbahnunternehmen dürfen Mindestbeträge festlegen, unterhalb deren keine Entschädigungszahlungen vorgenommen werden. Dieser Mindestbetrag darf höchstens 4 EUR betragen.

Wann entfällt der Anspruch auf Entschädigung

Der Fahrgast hat keinen Anspruch auf Entschädigung, wenn er bereits vor dem Kauf der Fahrkarte über eine Verspätung informiert wurde oder wenn bei seiner Ankunft am Zielort eine Verspätung aufgrund der Fortsetzung der Reise weniger als 60 Minuten beträgt.

Angekündigte Verspätungen

Bei einer zu erwartenden Verspätung am Zielort von mindestens 20 Minuten können Sie, entweder:

  • einen anderen vergleichbaren Zug benutzen. Bei Nutzung eines höherwertigen Zuges müssen Sie die Kosten für die neue Fahrkarte vorschießen und sich diese im Nachhinein erstatten lassen. Bei Sondertickets mit stark ermäßigtem Preis wie etwa Schönes Wochenende Ticket ist dies jedoch nicht möglich.
  • Die Fahrt über eine andere Strecke schnellstmöglich fortsetzen
  • Die Fahrt auf gleicher Strecke schnellstmöglich fortsetzen
  • einen späteren Zug nutzen, wenn Sie eher am Zielort eintreffen als der verspätete Zug.

Weitergehende Entschädigung
(Artikel 18 EU-Verordnung 1371/2007)

Bei einer Verspätung von mehr als 60 Minuten ist den Fahrgästen folgendes kostenlos anzubieten:

  • Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit, sofern sie im Zug oder im Bahnhof verfügbar oder vernünftigerweise lieferbar sind;
  • in Fällen, in denen ein Aufenthalt von einer oder mehreren Nächten oder ein zusätzlicher Aufenthalt notwendig wird, ist die Unterbringung in einem Hotel oder einer anderweitigen Unterkunft und die Beförderung zwischen dem Bahnhof und der Unterkunft
  • sofern der Zug auf der Strecke blockiert ist, die Beförderung vom Zug zum Bahnhof, zu einem alternativen Abfahrtsort oder zum Zielort des Verkehrsdienstes, sofern dies praktisch durchführbar ist.

Besteht keine Möglichkeit zur Fortsetzung eines Verkehrsdienstes mehr, so organisiert das Eisenbahnunternehmen so rasch wie möglich einen alternativen Beförderungsdienst für die Fahrgäste. Die Eisenbahnunternehmen haben auf Anfrage des Fahrgasts auf der Fahrkarte im jeweiligen Fall zu bestätigen, dass der Verkehrsdienst verspätet war, zum Verpassen eines Anschlusses geführt hat oder ausgefallen ist.

Wahlrecht des Fahrgastes

Muss vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass bei Ankunft am Zielort gemäß Beförderungsvertrag die Verspätung mehr als 60 Minuten betragen wird, so hat der Fahrgast unverzüglich die Wahl zwischen:

  • der Erstattung des vollen Fahrpreises unter den Bedingungen, zu denen er entrichtet wurde, für den Teil oder die Teile der Fahrt, die nicht durchgeführt wurden, und für den Teil oder die Teile, die bereits durchgeführt wurden, wenn die Fahrt nach den ursprünglichen Reiseplänen des Fahrgasts sinnlos geworden ist, gegebenenfalls zusammen mit einer Rückfahrt zum ersten Ausgangspunkt bei nächster Gelegenheit. (Reiserücktritt)
  • der Fortsetzung der Fahrt oder der Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen bis zum Zielort bei nächster Gelegenheit; oder
  • der Fortsetzung der Fahrt oder der Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen bis zum Zielort zu einem späteren Zeitpunkt nach Wahl des Fahrgasts.

So sollten Sie im Entschädigungsfall vorgehen!

Lassen Sie sich zunächst einmal die Verspätung im Zug oder im Bahnhof schriftlich bestätigen. Danach sollten Sie versuchen Ihre Angelegenheit mit dem Bahnunternehmen zu klären. Füllen Sie dazu das Fahrgastrechte Formular aus und reichen Sie dies mit einer Kopie der Fahrkarte bei Ihrem Bahnunternehmen ein. Wenn Sie damit keine Erfolg haben oder dieser für Sie nur unzufriedend ist, können Sie sich an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. zur Klärung wenden. Das Verfahren ist für Sie als Verbraucher kostenfrei. Die Anschrift lautet:

Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
Telefon: 030.644 99 33-0
Fax: 030.644 99 33-10
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Website: http://www.soep-online.de

Nutzen Sie für Ihre Beschwerde bei der Schlichtungsstelle am besten deren eigenes Formular für Bahnreisende. Sollten Sie auch mit diesem Ergebnis nicht einverstanden sein, können Sie als letztes Mittel noch auf Entschädigung vor dem zuständigen Amtsgericht klagen. Angesichts der dort anfallenden Kosten im Verhältnis zur möglichen Entschädigung ist ein solches Gerichtsverfahren allerdings ausführlich zu überdenken. Vor einem solchen Schritt sollten Sie anwaltlichen Rat einholen.

Fazit

Lassen Sie den Kopf nicht hängen, wenn Sie wieder einmal auf Ihren Zug warten müssen. Nutzen Sie die Möglichkeiten des Ihnen vom Gesetzgeber gegebenen Entschädigungsrechts voll aus. Nur so ändert sich irgendwann vielleicht auch einmal was.

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Letzte Überarbeitung am 02.07.2017


Wichtige Vorschriften: EU-Verordnung 1371/2007 vom 23. Oktober 2007