Das Kündigungsschutzgesetz sieht im Allgemeinen auch bei einer ordentlichen Kündigung nur drei Möglichkeiten vor, wie der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer auflösen kann. Eine davon ist die verhaltensbedingte Kündigung. Sie wird immer dann ausgesprochen, wenn der Arbeitnehmer derart gegen seine arbeitsrechtlichen Pflichten verstößt, so dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Doch welche Pflichtverstöße rechtfertigen eigentlich eine verhaltensbedingte Kündigung? Muss der Arbeitgeber zuvor eine Abmahnung aussprechen? Welche Möglichkeiten habe ich, um mich gegen eine verhaltensbedingte Kündigung zu wehren? All diese und noch viele weitere Fragen beantworten wir in unserem Ratgeber.

Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung

Erheblicher Pflichtverstoß

Damit eine verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen werden kann, muss der Gekündigte eine erhebliche arbeitsvertragliche Pflichtverletzung begangen haben. Diese muss so schwerwiegend sein, dass es der kündigenden Partei unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis Aufrecht zu erhalten.

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Rechtswidrigkeit

Sofern es rechtfertigende Umstände für den erheblichen Verstoß gibt, ist eine verhaltensbednigte Kündigung unzulässig. Diesen Rechtfertigungsgrund muss der Arbeitnehmer darlegen.

Verschulden

Nur, wenn der Gekündigte durch sein fahrlässiges oder gar vorsätzliches Verhalten einen erheblichen Verstoß begangen hat, ist eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt. Der Arbeitnehmer muss darlegen, dass ihn kein Verschulden an seinem Fehlverhalten trifft.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer fährt tagtäglich mit seinem PKW zur Arbeit. An einem Tag nimmt ihm ein anderer Autofahrer die Vorfahrt. Auf Grund des Unfalls kommt er zu spät zur Arbeit. Sein Verhalten ist zwar rechtswidrig aber ein Verschulden ist ihm in diesem Fall nicht zur Last zu legen. Insofern wäre eine Kündigung unzulässig.

Verhältnismäßigkeit

Die verhaltensbedingte Kündigung muss verhältnismäßig sein. Unter der Prämise, das Arbeitsverhältnis zu retten, ist zu prüfen ob gegebenenfalls mildere Mittel, wie etwa eine Abmahnung oder auch eine Versetzung (z.B. bei Beleidigung eines Kollegen) anwendbar sind. In vielen Fällen genügt nämlich eine Abmahnung des Arbeitgebers um den Arbeitnehmer zum Umdenken zu bewegen. Erst wenn diese nicht fruchtet, kann der Arbeitgeber zum sog. “letzten Mittel” greifen – der Kündigung.

Bitte beachten Sie, dass auch im Bereich der Abmahnung oftmals Fehler begangen werden, die letztlich zur Unwirksamkeit der Kündigung führen können. Denn nicht jede Abmahnung entspricht den gesetzlichen Erfordernissen. Welche dies sind, erfahren Sie hier: Abmahnung – “Die gelbe Karte des Arbeitgebers”

Interessenabwägung

Bei der Interessenabwägung ist zu prüfen, ob die Interessen des Kündigenden an einer  Vertragsbeendigung oder die des Gekündigten an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses schützenswerter sind.

So wird oftmals zu Gunsten des Arbeitnehmers entschieden, wenn das pflichtwidrige Verhalten des Arbeitnehmers nicht allzu schwer wiegt und das Arbeitsverhältnis bereits eine lange Zeit zuvor ohne Probleme verlaufen ist. Ein schwerer Pflichtverstoß wird hingegen kaum zu rechtfertigen sein.

Betrachtet werden bei der Interessenabwägung unter anderem die Dauer des Arbeitsverhältnisses, das Verhalten des Arbeitnehmers während des gesamten Arbeitsverhältnisses, das Lebensalter des Betroffenen sowie dessen Unterhaltsverpflichtungen und Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Diese verhaltensbedingten Verstöße können zur Kündigung führen

Nicht jeder Pflichtverstoß berechtigt den Arbeitgeber automatisch zur verhaltensbedingten Kündigung. Dennoch gibt es viele Gründe, die eine solche Vorgehensweise gestatten. Wir wollen im Folgenden kurz auf die Wichtigsten eingehen. Bitte beachten Sie, dass die nachfolgenden Gründe nicht abschließendener Natur sind.

Verspätungen

Bei Arbeitszeitverstößen ist nach vorheriger Abmahnung durchaus eine verhaltensbedingte Kündigung möglich. Erhebliche Arbeitszeitverstöße können sogar mit einer fristlosen Kündigung sanktioniert werden.

Arbeitsverweigerung

Einer rechtlich zulässigen Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers ist grundsätzlich Folge zu leisten. Wer dieser nicht Folge leistet, muss mit einer Abmahnung und im Wiederholungsfall mit einer verhaltensbedingten Kündigung rechnen. Bei einer beharrlichen Arbeitsverweigerung kann der Arbeitgeber sogar eine fristlose Kündigung aussprechen. (1.)

Beleidigungen

Bei einer Beleidigung von Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden ist eine verhaltensbedingte  Kündigung möglich. In aller Regel ist hierfür aber eine vorherige Abmahnung erforderlich. Bei  extremen Beleidigungen ist sogar eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung denkbar. Bitte beachten Sie, dass die verhaltensbedingte Kündigung, im Falle einer Entschuldigung des Beleidigenden vor Ausspruch der Kündigung, durchaus unwirksam werden könnte. Ihre Chancen sind hierbei im Kündigungsschutzprozess nicht unbedingt die schlechtesten. Überlegen Sie also gut, ob sie nicht einfach mal über Ihren Schatten springen und sich entschuldigen.

Tätlichkeiten

Wer Kollegen oder Vorgesetzten körperliche Gealt androht, muss nach einer vorherigen Abmahnung mit einer verhaltensbedingten oder gar mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Wird diese Tätlichkeit auch noch in die Realität umgesetzt, so bedarf es auch keiner vorherigen Abmahnung mehr. In diesem Fall kann direkt die fristlose Kündigung, hilfsweise die verhaltensbedingte Kündigung erklärt werden.

Rauchverbot

Bei einem Verstoß gegen das Rauchverbot kann der Arbeitnehmer, nach vorheriger Abmahnung, mit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung sanktioniert werden.

Verstoß gegen das Alkoholverbot

Vom Grundsatz her gilt: Alkohol auf der Arbeit ist verboten. Wer dagegen verstößt muss, nach erfolgter Abmahnung, mit einer verhaltensbedingten Kündigung rechnen. Dies ist der Fall, wenn sich der Arbeitnehmer weigert, eine entsprechende Thearpie durchzuführen oder wenn mehrere Thearpien bereits erfolglos waren und der Betroffene wiederholt rückfällig geworden ist.

Bitte beachten Sie, dass im Einzelfall nach erfolgter Abmahnung, sogar eine fristlose Kündigung möglich sind. Liegt jedoch eine Alkoholerkrankung des Arbeitsnehmners vor, so gestaltet sich die Situation etwas anders, denn das vertragswidrige Verhalten des Arbeitnehmers ist in aller Regel suchtbedingt und deshalb entschuldbar. Eine fristlose Kündigung ist daher in dem Fall grundsätzlich nicht möglich. Nur bei besonders gefährlichen Tätigkeiten kann auch im Falle einer Alkoholerkrankung eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein.

Abmahnpflicht?

In aller Regel (nicht immer) ist vor dem Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung erforderlich, damit die Kündigung wirksam erteilt werden kann. Nur in einigen Fällen ist eine Abmahnung entbehrlich, etwa bei Diebstahl oder Betrug. Hierbei geht die herrschende Meinung davon aus, dass eine Abmahnung nicht mehr geeignet ist, um das Arbeitsverhältnis zu reparieren und den Arbeitnehmer zum Umdenken zu bewegen.

Unwirksamkeit einer verhaltensbe­ding­ten Kündi­gung

In bestimmten Fällen ist eine verhaltensbedingte Kündigung unwirksam. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein bestehender Betriebsrat vor der Kündigung nicht angehört wurde. Auch bei der Kündigung bestimmter weiterer Personengruppen, wie etwa Schwerbehinderte, Schwangere oder Betriebsratsmitglieder gelten besondere Kündigungsvorschriften, welche bei Nichtbeachtung zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.

So ist beispielsweise die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung unzulässig, § 9 MuSchG. Diesen besonderen Schutz genießen Sie aber nur dann, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.

Des Weiteren besteht während der Elternzeit sowie Acht Wochen vor Beginn der Elternzeit ein besonderer Kündigungsschutz, § 18 Abs. 1 BEEG.

Schwerbehinderte Menschen haben neben dem allgemeinen Kündigungsschutz in Arbeitsverhältnissen einen besonderen Kündigungsschutz gem. §§ 85 ff. SGB IX.

Demnach bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Menschen sind schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt, § 2 Abs. 2 SGB IX.

Problem: Sperrzeit beim Arbeitsamt

Sofern Sie eine verhaltensbedingte Kündigung wegen eines Pflichtverstoßes erhalten haben, müssen Sie mit einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld von 12 Wochen rechnen, da sie durch Ihr arbeitsvertragswidriges Verhalten die Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig herbeigeführt haben, § 159 Abs. 1, S.1, Nr. 1 BGB. Eine solche Sperrzeit können Sie gegebenenfalls durch die nachfolgende Kündigungsschutzklage verhindern. Lassen sie sich auch hierzu fachmännisch im Einzelfall beraten.

Was können Sie gegen eine verhaltensbedingte Kündigung tun?

Will sich ein Arbeitnehmer gegen eine verhaltensbedingte Kündigung wehren, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erheben, § 4 KSchG. Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht, so gilt die Kündigung von Anfang an als rechtswirksam, § 7 KSchG.

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Fazit

Die verhaltensbedingte Kündigung ist eine sehr spezielle Kündigungsform die auf Grund Ihrer weitreicheden Konsequenzen an bestimmte Bedingungen geknüpft ist. Nur wenn alle erfüllt werden, kann Sie überhaupt wirksam ausgesprochen werden. Im Falle des Kündigenden ist dies oftmals mit gewissen Risiken verbunden, weshalb dem Kündigungsempfänger regelmäßig anzuraten ist, sich rechtlich beraten zu lassen und in vielen Fällen auch eine Kündigungsschutzklage einzureichen. Bitte bedenken Sie stets, dass Sie in vielen Fällen mit einer Kündigungsschutzklage eine Sperrzeit beim Arbeitsamt verhindern können, da Sie damit eine Abänderung des Kündigungsgrundes erreichen können.

(1.) Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 17.10.2013, Az. 5 Sa 111/13

Letzte Überarbeitung am 13.12.2017


Verwendete Vorschriften:§ 4 KSchG, § 7 KSchG, § 159 BGB, § 18 BEEG, § 9 MuSchG, § 2 SGB IX, §§ 85 ff. SGB IX