Auch wenn die Winter milder und milder werden, Winterzeit heisst immer noch Schnee- und Eiszeit und damit einher gehen auch die entsprechenden Räum- und Streupflichten. Wer diese innehat und welche Rechte Geschädigte haben, erfahren Sie in unserem Ratgeber.

Räum- und Streupflicht für Haus- und Grundstückseigentümer

Grundsätzlich verhält es sich so, dass Städte und Gemeinden für die Beräumung und Streuung (Begehbarmachung) öffentlicher Gewege verantwortlich sind. Doch diese entledigen sich in aller Regel von dieser Pflicht, indem Sie diese durch Satzung, Verordnung oder auch Gesetz auf die Hauseigentümer übertragen. Insofern sind letzten Endes die meisten Hauseigentümer für die Beräumung öffentlicher Gewege verantwortlich. Um hierbei endgültige Klarheit zu erlangen, müssen Sie sich bei Ihrer Stadt oder Gemeinde über Ihre jeweiligen Streu- und Beräumungspflichten erkundigen.

In jedem Fall sind jedoch die Haus-und Grundstückseigentümer für die Beräumung sämtlicher Wege auf ihrem Grundstück verantwortlich.

Streu- und Beräumungspflicht für Mieter

Wie bereits zuvor beschrieben, sind die Haus- und Grundstückseigentümer für die Streuung und Beräumung Ihrer privaten aber auch öffentlichen Wege vor Ihrem Grundstück verantwortlich. Aber auch diese können sich mittels eindeutiger, mietvertraglicher Vereinbarung der Räum- und Streupflicht entledigen und auf den Mieter abwälzen. Hierzu das OLG Hamm in seiner Entscheidung vom 21.12.2012:

“Nach der Rechtsprechung des BGH können aber Verkehrssicherungspflichten mit der Folge eigener Entlastung delegiert werden. Die Verkehrssicherungspflichten des ursprünglich Verantwortlichen verkürzen sich dann auf Kontroll- und Überwachungspflichten. Voraussetzung für die Delegation von Verkehrssicherungspflichten ist jedoch, dass die Übertragung klar und eindeutig vereinbart wird, so dass eine Ausschaltung von Gefahren zuverlässig sichergestellt ist. Erst dann verengt sich die Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers bzw. Vermieters als des ursprünglich allein Verantwortlichen auf eine Kontroll- und Überwachungspflicht, die sich darauf erstreckt, ob die vertraglich übernommenen Sicherungsmaßnahmen auch tatsächlich ausgeführt worden sind (vgl. BGH, NJW 1996, 2646; NJW 2008, 1440). Bei dem Einsatz von Hilfspersonen und Beauftragten sind sorgfältige Auswahl, gründliche Anweisung über die Art des Streuens und Überwachung erforderlich (vgl. Palandt/Sprau, 71. Aufl., § 823 BGB Rn. 229).” (1)

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Übertragung durch Hausordnung

Die Streu- und Räumpflicht kann generell auch mittels Hausordnung auf den Mieter übertragen werden. Hierfür ist es es jedoch erforderlich, dass die Hausordnung Bestandteil des Mietvertrags ist. Nur wenn der Mietvertrag ausdrücklich Bezug auf die Hausordnung nimmt, dürfen dem Mieter weitergehende Pflichten übertragen werden.

Am verpflichtenden Charakter der Hausordnung fehlt es aber, wenn diese lediglich als Aushang im Flur oder ohne ausdrücklichen Bezug auf den Mietvertrag an den Mieter herangetragen wurde. In einem solchen Fall darf die Hausordnung lediglich “ordnende Regelungen” wie etwa Ruhezeiten oder Nutzungsbestimmungen für Gemeinschaftsräume enthalten.

Hinweis: Weitergehende Informationen zur Hausordnung erhalten Sie hier: Hausordnung – “Ergänzung zum Mietvertrag”.

Der Einwurf eines sogenannten Schneeräum­plans in die Brief­kästen der Mieter reicht absolut nicht aus, um die Räum- und Streupflicht auf die Mieter zu übertragen. (2)

Darüber hinaus sind Menschen selbst dann nicht zum Winterdienst verpflichtet, wenn sie altersbedingt, gesundheitlich oder auch behinderungsbedingt nicht dazu in der Lage sind aber sich trotzdem mietvertraglich dazu verpflichtet haben.

Wie muss gestreut werden

Laut Rechtssprechung des Bundesgerichtshof muss bei Glatteisbildung sofort gestreut werden. Der Pflichtige hat hierbei, durch das Bestreuen mit abstumpfenden Mitteln, die Gefahren zu beseitigen, die in Folge winterlicher Glätte für den Verkehrsteilnehmer bei zweckgerechter Wegebenutzung und trotz Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bestehen. Im Regelfall genügt es, wenn der Pflichtige auf einem Gehweg einen Streifen in einer Breite bestreut, die es zwei Fußgängern gestattet, vorsichtig aneinander vorbeizukommen. (3)

Darüber hinaus sind auch an die Nachstreupflicht strenge Anforderungen zu stellen. Hierzu das Berliner Kammergericht in einem Urteil vom 30. April 2004:

“Das Streuen ist bei Schnee und Glätte in angemessener Frist zu wiederholen, wenn einmal aufgebrachtes Streugut seine Wirkung verloren hat. Auch bei außergewöhnlichen Glätteverhältnissen entfällt nicht regelmäßig die Streupflicht, vielmehr intensiviert sie sich auch im Hinblick auf die zeitliche Abfolge, das Streugut muss aufgebracht werden, damit jedenfalls die Gefahr des Ausgleitens vermindert wird, mag die abstumpfende Wirkung auch durch weitere Eisbildung später abgeschwächt werden (BGH NJW 1993, S. 2802/2803). Diese Streupflicht findet ihre Grenze allein bei Vorliegen außergewöhnlicher Wetterverhältnisse, bei denen wiederholtes Streuen sinn- oder zwecklos ist bzw. nur zu einer unwesentlichen oder ganz vorübergehenden Minderung der Verkehrsgefährdung führen kann, denn Unzumutbares kann insoweit nicht verlangt werden, (BGH a.a.O., NJW 1985, S. 484/485, OLG Brandenburg MDR 2000, S. 159). Eine solche Situation kann bei fast ununterbrochenem gefrierenden Regen gegeben sein (OLG Brandenburg a.a.O.) oder im Falle sogenannten Blitzeises, d.h. dem plötzlichen Entstehen von Glatteis am Boden durch Niederschläge., Sie liegt nicht vor bei nur andauerndem gefrierenden Sprühregen, der Streumaßnahmen nicht von vornherein zwecklos macht (KG Grundeigentum 1999, S. 1496). Werden Ansprüche aus einem durch Glätte hervorgerufenen Unfall geltend gemacht, hat der Anspruchsteller die eine Streupflicht begründenden Wetter- und Straßenverhältnisse darzulegen und zu beweisen, der Streupflichtige muss die Ausnahmesituation eines Fortfalls der Streupflicht dartun und ggfls. beweisen (BGH NJW 1985, a.a.O.).”(4)

Private Wege oder auch Plätze, welche lediglich aus Bequemlichkeit zur Abkürzung begangen werden, müssen in aller Regel nicht bei Schneeglätte beräumt und bestreut werden. Eine solche Pflicht wird auch nicht dadurch begründet, dass die benachbarten öffentlichen Verkehrsflächen ebenfalls nicht von Eis und Schnee beräumt worden sind. (5)

Praxistipp: In einem solchen Fall sollten Sie als Streupflichtiger ein Hinweisschild, etwa mit der Aufschrifft “Hier findet keine Winterdienst statt”, aufstellen. So verschieben Sie zumindest einen Teil der Verantantwortung und damit auch Haftung (Mitschuld) auf den Benutzer.

Bis wann muss gestreut werden?

Bis wann genau gestreut werden muss, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern hängt immer vom jeweiligen Einzelfall ab. Als Maßstab gilt hierbei die Sicherung des normalen Tagesverkehrs gegen Glätte. Als Faustformel sollten Sie sich deshalb werktäglich einen Zeitraum von 07.00 Uhr – 20.00 Uhr merken. Für Sonn- und Feiertage ist eher ein Zeitraum zwichen 09.00 Uhr – 20.00 Uhr maßgeblich. Darüber hinaus müssen Sie natürlich erst bei Glättegefahr streuen. Als Orientierung dient hier ein Satz aus einem BGH Urteil vom 12.06.2012:

“Sind im Bereich eines Grundstücks nur vereinzelte Glättestellen ohne erkennbare Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr vorhanden, ist nicht von
einer allgemeinen Glättebildung auszugehen, die eine Streupflicht begründen
könnte.” (6)

Merke: Sie sind bereits dann zum streuen verpflichtet, wenn die Glätte zwar noch nicht eingetreten ist, aber bereits mit hinreichender Sicherheit absehbar ist, dass es in den folgenden Stunden, in denen keine Räum- und Streupflicht mehr besteht, zum Auftreten von Glätte kommen wird. (7)

Die Schaffung eines lückenlosen Streuschutzes ist hingegen nicht vorgeschrieben. (8)

Womit dürfen Sie streuen?

Streuen sollten Sie stets mit Mitteln, welche das rutschen auf vereisten Flächen verhindert, In Frage kommen dafür grundsätzlich Mittel wie Streusalz, Splitt, Sand oder auch Sägespäne. Bitte beachten Sie aber hierbei, dass die Anwendung von Streusalz in vielen Städten und Gemeinden, bis auf einige Ausnahmefälle, nicht erlaubt wird. Erkundigen Sie sich hierzu am besten bei Ihrer jeweiligen Gemeindestelle.

Sonderfall: Dachlawinen

Auch Dächer müssen von Eis und Schnee befreit werden. Nur so vermeiden Sie die Verletzung Dritter. Dafür verantwortlich ist der Hauseigentümer. Wann, wie oft und was genau der Hauseigentümer, in einem solchen Fall, zur Sicherung unternehmen muss, hängt widerum vom jeweiligen Einzelfall ab, z.B. Schneefall, Lage des Ortes und Hauses.

Hauseigentümer sollten unbedingt entsprechende Sicherheitsvorkehrungen, wie etwa Schneefanggitter oder Warnschilder vor Dachlawinen, treffen. Nur so können Sie zumindest einen Teil der Haftung auf den Benutzer übertragen.

Schmerzensgeld und Schadensersatz

Wer anderen einen Schaden zufügt, der muss ihn auch ersetzen. Dies gilt auch bei mangelhaft durchgeführtem Winterdienst. Ein solcher Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch kann nicht nur vom Geschädigten selbst, sondern auch von Dritten, etwa die gesetzliche Krankenversicherung, geltend gemacht werden. Hierbei ist es grundsätzlich möglich, dass die Krankenkasse den Ersatz der Behandlungskosten vom Schädiger verlangt.

Der Geschädigte selber hat, je nach Art und Schwere der Verletzung, einen generellen Scherzensgeldanspruch gegen den Schädiger und kann auch den Ersatz seiner beschädigten oder zerstörten Sachen (materieller Schaden) verlangen.

Darüber hinaus kann gegen den Hauseigentümer ein Bußgeld verhängt werden. Sogar eine Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung ist möglich.

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Versicherungen

Um sich gegen Schmerzensgeld- und Schadensersatzforderungen zu schützen, sollten Hauseigentümer und Mieter unbedingt eine private Haftpflichtversicherung abschließen. Mit ihr können Sie die berechtigten Schäden regulieren oder unberechtigte Forderungen abwehren.

Unfälle vor Mietshäusern können hingegen über die Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung des Eigentümers reguliert werden.

Hiweis: Weitergehende Infos und Tipps zur privaten Haftpflichtversicherung erhalten Sie hier: Private Haftpflichtversicherung – die wichtigste Versicherung

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Ihr Team vom Bürgerratgeber

Fazit

Für den Winterdienst auf öffentlichen Gewegen sind grundsätzlich die Städte und Gemeinden verantwortlich. Diese können die Räum- und Streupflicht jedoch auf den Hauseigentümer und dieser wiederum auf den Mieter übertragen. Wer auch immer letzlich dafür verantwortlich ist, sollte dieser Pflicht umfassend nachkommen. Im Schadenfall drohen empfindliche Strafen sowie Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche. Verantwortliche sollten unbedingt eine entsprechende Haftpflichtversicherung abschließen.

(1) Oberlandes­gericht Hamm, Urteil vom 21.12.2012, Az.: 9 U 38/12

(2) Oberlandes­gericht Hamm, Urteil vom 21.12.2012, Az.: 9 U 38/12

(3) Bundesgerichtshof, Urt. v. 13.07.1967, Az.: III ZR 165/66

(4) KG Berlin, Urteil vom 30. April 2004, Az. 14 U 159/02

(5) OLG Hamm, Urteil vom 16. Mai 2013, Az. 6 U 178/12

(6) BGH, Urteil vom 12. Juni 2012, Az. VI ZR 138/11

(7) OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 26. November 2003, Az. 21 U 38/03

(8) BGH, Urteil vom 20. Juni 2013, Az. III ZR 326/12

Letzte Überarbeitung am 17.01.2018