Vor Gericht zu streiten, kann sehr teuer werden. Um sich solche Kosten zu sparen, haben Verbraucher, die mit einem Unternehmen streiten, die Möglichkeit, den Sachverhalt vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verhandeln zu lassen.
Rechtsgrundlage dafür ist das seit April 2016 geltende Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG). Welche Vorteile dieses Verfahren hat, welche Schlichtungsstellen es gibt und wie Sie vorgehen, erfahren Sie in unserem Artikel.
Inhaltsverzeichnis
- Welche Vorteile hat das Schlichtungsverfahren?
- Wie erfahre ich, an welche Schlichtungsstelle ich mich wenden kann?
- Wie gehe ich vor?
- Brauche ich für ein Schlichtungsverfahren einen Rechtsanwalt?
- Ablehnungsgründe der Schlichtungsstelle
- Welche Schlichtungsstellen gibt es?
- Ist die Schlichtungsempfehlung verbindlich?
- Fazit
Welche Vorteile hat das Schlichtungsverfahren?
Der wesentlichste Vorteil beim Gang vor die Schlichtungsstelle sind die geringen Kosten, den ein Schlichtungsverfahren ist grundsätzlich kostenfrei. In einigen Fällen müssen Verbraucher aber auch eine geringe Gebühr von ca. 30 Euro zahlen.
Darüber hinaus ist das Schlichtungsverfahren gegenüber einem ordentlichen Gerichtsverfahren sehr zeitsparend. Die Verfahrensdauer liegt in aller Regel zwischen ein und drei Monaten. In Einzelfällen kann es aber auch bis zu sechs Monate dauern. Angesichts der üblichen Verfahrensdauer an den (teilweise) überlasteten Gerichten ist dies allerdings auch nicht das schlechteste Tempo.
Wie erfahre ich, an welche Schlichtungsstelle ich mich wenden kann?
Seit dem 01.02.2017 müssen Unternehmer Verbraucher darüber informieren, ob sie bereit sind, an einem Verbraucherschlichtungsverfahren teilzunehmen oder nicht.
Verpflichtet sind dem Gesetz nach alle Unternehmer, die entweder allgemeine Geschäftsbedingungen verwenden oder eine eigene Internetseite betreiben und hierbei mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigen. Stichtag für die Feststellung der Beschäftigtenzahl ist der 31.12. des Vorjahres.
Die entsprechenden Informationen zur zuständigen Verbraucherschlichtungsstelle finden Sie dann in den AGB des Unternehmens oder auf der jeweiligen Firmenwebseite.
Wie gehe ich vor?
Bevor Sie sich an eine Verbraucherschlichtungsstelle wenden, müssen Sie zunächst einmal versuchen, den Sachverhalt mit dem Unternehmen selber zu klären. Findet sich hierbei keine für den Verbraucher zufriedenstellende Lösung, kann er sich an eine Schlichtungsstelle wenden.
Damit diese dann letztlich tätig wird, müssen Verbraucher nur noch einen entsprechenden Antrag bei einer branchenspezifischen Schlichtungsstelle einreichen. Findet sich keine branchenspezifische Schlichtungsstelle, so können Sie sich an die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V. wenden.
Die entsprechenden Antragsformulare finden Sie auf den jeweiligen Internetseiten der Schlichtungsstellen. Nach Eingang des Schlichtungsantrages wird der Fall juristisch und sachlich geprüft und mit einem Schiedsspruch (Schlichtungsempfehlung) beendet. Eine persönliche Anwesenheit der Parteien ist nicht erforderlich, da die Verfahren schriftlich durchgeführt werden!
Brauche ich für ein Schlichtungsverfahren einen Rechtsanwalt?
Zur Durchführung eines Schlichtungsverfahrens ist KEIN Rechtsanwalt erforderlich! Natürlich können Sie sich auch vor bzw. während eines Schlichtungsverfahrens anwaltlich beraten lassen. Die Kosten dafür tragen Sie jedoch selber. In einem solchen Fall können Sie aber auch gleich vor ein ordentliches Gericht ziehen.
Merke: Bei einer Verbraucherschlichtungsstelle bekommen Sie keinerlei Rechtsberatung. Wenden Sie sich hierfür an einen Rechtsanwalt oder auch an die Verbraucherzentrale. Was ein Rechtsanwalt kostet, erfahren Sie hier: Rechtsanwaltskosten – “Darauf müssen Sie achten”
Ablehnungsgründe der Schlichtungsstelle
Schlichtungsstellen haben durchaus das Recht, die Durchführung des Schlichtungsverfahrens abzulehnen. Welche häufigen Gründe dazu führen können, dass Ihr Schlichtungsantrag abgelehnt wird, erfahren Sie in unserer nachfolgenden – nicht abschließenden – Auflistung:
- der Antrag für ein Schlichtungsverfahren war nicht ausreichend
- die Streitsumme war zu niedrig (Bagatellsache) oder zu hoch
- wenn bereits ein Schlichtungsverfahren bei einer anderen Schlichtungsstelle durchgeführt wurde oder noch anhängig ist.
- sofern bereits ein ordentliches Gericht in der Sache entschieden hat oder das Verfahren dort bereits anhängig ist
- wenn in der Sache bereits ein Vergleich erzielt wurde.
- wenn der Gegenstand der Streitigkeit bereits verjährt ist und der Gegner die Einrede der Verjährung bereits ausdrücklich erhoben hat.
Welche Schlichtungsstellen gibt es?
Gegenwärtig gibt es in Deutschland, neben der Allgemeinen Verbraucherschlichtungsstelle, noch weitere 24 branchenspezifische Verbraucherschlichtungsstellen. Eine entsprechende Liste mit den Kontaktinformationen finden Sie hier: Verbraucherschlichtungsstellen. Hier lohnt sich dann zunächst einmal ein Blick auf die Internetseite der jeweiligen Schlichtungsstelle.
Rettungsanker Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V.
Wenn keine andere branchenspezifische Schlichtungsstelle zuständig ist, können Sie sich an die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle wenden. Sie bearbeitet Verbraucherbeschwerden aus allen anderen Bereichen. Aber auch sie ist nicht für alle Branchen zuständig, so etwa bei Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber! Damit Sie sich an die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle wenden können, müssen Sie innerhalb der EU wohnen. Zudem muss das gegnerische Unternehmen seinen Sitz in Deutschland haben. Der Streitwert muss zwischen 10 Euro und 50.000 Euro liegen. Den Schlichtungsantrag können sie, wie bei den anderen branchenspezifischen Schlichtungsstellen auch, entweder Online oder auch per E-Mail, Post oder Fax stellen.
Ist die Schlichtungsempfehlung verbindlich?
Die Schlichtungsentscheidung ist sowohl für den Verbraucher als auch für Unternehmen grundsätzlich nicht verbindlich. Nur, wenn Unternehmen sich ausdrücklich freiwillig dazu bereit erklären, den Schiedsspruch als verbindlich anzuerkennen, entfaltet dieser auch einen entsprechenden Charakter gegenüber dem Unternehmen.
Dies bedeutet nichts anderes, als das Sie als Verbraucher auch nach einer Schiedsentscheidung noch vor das ordentliche Gericht ziehen können, sofern Ihnen der Schiedsspruch nicht gefällt. Bedenken Sie hierbei jedoch folgendes, wenn das Schiedsgericht so entscheidet, wie entscheiden dann wohl der/ oder die Richter an einem ordentlichen Gericht?
Sehen Sie deshalb das Schlichtungsverfahren eher als eine Art Kontrollinstanz, anhand derer Sie heraus finden können, wie hoch Ihrer Erfolgsaussichten in einem ordentlichen Verfahren, vor einem ordentlichen Gericht, sind.
Bitte beachten Sie, dass der Schiedsspruch in einigen besonderen Fällen sehr wohl eine verbindliche Wirkung für das Unternehmen entfaltet, so etwa bei den Schlichtungssprüchen der Ombudsleute.
Fazit
Schlichtungssprüche sind eine sinnvolle Ergänzung zur alternativen Streitbeilegung, anhand derer Verbraucher schnell, kostengünstig und ohne großen Aufwand zu Ihrem Recht kommen können. Sie sind aber auch kein Allheilmittel. Manche Sachen gehören einfach vor Gericht.
Letzte Überarbeitung am 16.02.2018
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